Von Leidenschaft zu sprechen, war vielleicht nicht angemessen.
Aber immerhin hatte Rommy ihn heute Morgen beim Frühstück verhalten angelächelt und ihm gesagt, dass sie sich auf heute Abend freuen würde. Da käme Anna Loos. Sofort dachte er -warum auch immer- an Kino und Film. Seit diesem Augenblick grübelte Jörg Erich Sorgenfrey darüber nach, was nach dem Film wohl so alles möglich sei. Über den Film selbst hatte er sich weiter keine Gedanken gemacht. Irgendwas mit Eurovision hatte Rommy noch hinzugefügt. Film, Fernsehen oder auch so neumodische Musik interessierte ihn nicht. Diesen Bereich überließ er ganz Rommy. Und da sie im Kino oder auch vor dem Fernseher immer besonders nett zu ihm war, freute er sich auch auf den Abend. Vor allem auf das, was er sich hinterher erhoffte.
Obwohl heute Samstag war, hatte Herr Sorgenfrey ins Büro müssen. Denn weil gestern Rommys Vater einen leichten Herzanfall erlitten hatte, waren sie gemeinsam ins Altersheim gefahren und die Arbeit war liegen geblieben. So war er nach dem Frühstück doch ins Büro gegangen und hatte sich den ganzen Tag mit diesem blöden Computerprogramm herumgeschlagen. Der Code hatte einfach nicht das gemacht, was er gewollt hatte. Manchmal hasste er Computer.
Als er am Abend müde nach Hause kam, fiel der Begrüßungskuss für Rommy etwas kühler aus als sonst. Aber das tat ihrer guten Laune keinen Abbruch. Anna Loos kommt heute Abend im Fernsehen, sagte sie. Er hatte zwar keine Ahnung, wer das war, aber er schloss aus ihren Worten, dass der Film im Fernsehen laufen würde. Nicht noch einmal das Haus verlassen zu müssen, kam ihm entgegen, denn er war ziemlich müde und immer noch wütend auf diesen Computer Code. Um ihr aber sein Interesse zu demonstrieren, erkundigte er sich, wer Anna Loos sei. 'Die Frau von Jan Josef Liefers' war die Antwort. Das half ihm nicht weiter. 'dem Filmschauspieler' fügte Rommy noch an. 'Ach ja' sagte Jörg Erich und schwieg.
Während Rommy in den Keller gegangen war, schaltete er mehr aus Langeweile den Fernseher schon mal ein. Da sang gerade eine gewisse Lena auf Englisch. In diesem Moment kam Rommy wieder ins Wohnzimmer. Schalte doch die Kiste (so nannte sie ihren Fernseher, den er von seiner Mutter geerbt hatte) nicht jetzt schon an, sagte sie unwirsch. Und weiter: 'Diese Tante kann ich wirklich nicht mehr hören.' Komisch. Er hatte gerade begonnen, sie nett zu finden. Er schaltete den Fernseher nicht aus und Rommy verschwand in der Küche. Lena bekam großen Beifall und dann läutete das Telefon. Er schaltete das Gerät auf stumm und sie telefonierten ziemlich lang mit ihrer Tochter.
Endlich kam Anna Loos und Rommy geriet in Verzückung. Jörg Erich verstand seine Frau nicht so ganz. Aus Blondinen hatte er sich noch nie etwas gemacht und was diese Frau da sang, gefiel ihm schon gar nicht. 'Ich sag nicht JA' wiederholte die Sängerin immer wieder. Er hoffte im Stillen, dass sich Rommy durch diesen Satz nicht unbewusst beeinflussen lassen möge.
Etwa eine halbe Stunde später näherte sich Herr Sorgenfrey im Schlafzimmer ganz vorsichtig seiner Gattin. Bei einem Abstand von etwa zehn Zentimeter hauchte Rommy Schneider leise aber bestimmt: 'Heute nur KK'. Jörg Erich Sorgenfrey war irritiert. Seine Computer-begeisterte Ehefrau liebte Abkürzungen. Er hasste sie. Bei fünf Zentimeter Abstand wurde er duch ein klares 'Heute nur KK' endgültig gestoppt. Endlich klärt sie ihn auf: 'KK' wie 'keusch kuscheln'. Oh, diese dämliche Abkürzungen! Diese dämlichen Einschränkungen!
Eine Woche später. Standortwechsel. Ein Samstagmorgen auf dem Markt der Kleinstadt. Rommy und Jörg Erich gehen einkaufen. Da sehen sie ein junges Pärchen knutschen. Jörg Erich sagt: 'Schau mal'. Rommy sagt: 'KK'. Jörg Erich ist irritiert. Sie wiederholt: 'KK' und schaut ihn erwartungsvoll an - 15 Sekunden lang. Auf seinen verzweifelten Einwand, wie sie mitten auf dem Marktplatz denn keusch kuscheln sollen, sagt sie: 'Tja, diesmal hieß 'KK' 'kurz Knutschen'. Begeistert geht er auf sie zu und will genau das tun. Da entfleucht sie und sagt: 'Nein, jetzt nicht mehr. Du hattest genau 15 Sekunden Zeit. Aber du hast nicht kapiert. Also selber Schuld'.
Jorge D.R.
( Diese Geschichte ist im Rahmen von Donnas Schreibwerkstatt entstanden. )
KK kann auch heißen: Kein Kommentar!
AntwortenLöschenAber diese köstliche Geschichte nicht zu kommentieren wäre katatrophal.
Kurz Knutschen auf dem Marktplatz einer Kleinstadt -das hat was und ist etwas für Kurzentschlossene - Herr Sorgenfrey wird das kapiert haben - hoffentlich!
Jorge, es macht soooo viel Spaß, deine Geschichten zu lesen. Danke!
Ganz herzliche Grüße - Donna
Der arme Jörg Erich. Sie spielt mit ihm. Ich kann solche Spielchen nicht leiden und Jörg Erich sicher auch nicht. Deine Geschichte habe ich dennoch gerne gelesen.
AntwortenLöschen+JUHU+ doch eine Geschichte von Dir!
AntwortenLöschenDanke!
Mir scheint, Dein Protagonist und meine Protagonistin haben die selben Probleme, sie erhoffen sich mehr als sie kriegen ...
Vielleicht sollten wir sie zusammenkommen lassen ;)
Ich kann Spielchen auch nicht leiden!!!
Wieder so eine Frau, die mit Volldampf durchs Leben düst. Und was Jörg Erich bekommt, hängt immer davon ab, ob Rommy die Ampel auf Grün oder Rot einstellt. Wie wär es denn mal mit blinkendem Gelb?? Dann bekäme er auch mal ne Chance das Geschehen zu bestimmen.
AntwortenLöschenWunderbare Geschichte. Sehr amüsant und Kopfkino pur.
Spaß beim Lesen *lach*
AntwortenLöschenLG
Barbara
Da lande ich jetzt über Donna auf deinem Blog ... und bin total und köstlich begeistert von deiner Geschichte ... einfach k.k.
AntwortenLöschenHerzliche Grüße
Doris
grins......dumm gelaufen....
AntwortenLöschengerne gelesen und sehr geschmunzelt
Sterntalerchen
Tja, lieber Jorge, es war für uns Männer noch nie einfach die Frauen zu verstehen - laache.
AntwortenLöschenEine hübsche Geschichte - ich überlege grade, ob man im fortgeschrittenen Alter auch noch auf einem Markplatz "KK" darf ??? Grübel :-).
LG
Götz