Dienstag, 4. Mai 2010

Der etwas andere Reisebericht

Hilferuf

Liebe Lyrikfreundinnen und Lyrikfreunde,
heute brauche ich euch. Ich brauche euren Trost und eure moralische Unterstützung. ***heul*** Als ich heute Morgen aus dem Fenster schaute, begrüßte mich dichtes Schneetreiben und eine geschlossene Schneedecke. Das Thermometer zeigte MINUS 3 Grad. Wo ich bin? Ich bin in Edmonton, Alberta, Canada. So - und jetzt werde ich all euch Canada-Fans mal aus vollem Herzen desillusionieren. Edmonton rühmt sich, die kälteste Großstadt der Welt zu sein. In der zweiten Dezemberwoche hatten wir hier MINUS 46 Grad bei Windstille! Fairerweise muss man sagen, dass damals keine einzige Wolke am Himmel war. Und der Himmel ist nirgends so groß wie in Alberta. Heute ist der 4. Mai und es ist immer noch Winter. What a country! Im Moment ist das Schneetreiben so dicht, dass ich das Haus gegenüber kaum erkennen kann. ***schluchz*** Ich will heim. Der Wettermann im Radio warnt gerade vor gefährlichen Sturmböen bis zu 110km pro Stunde auf dem Highway zwischen Edmonton und Calgary. Das ist die Hauptverkehrsader der Provinz Alberta. Da werden heute wieder einige Autos im Straßengraben landen. Und soeben naht der nächste Grund zur Verzweiflung. Der deutsche Opa ist dabei, den Respekt seines Enkelsohns zu verlieren. Der dreijährige Knirps will im Garten Fußball spielen, so wie wir das die letzten Tage getan haben. Er steht am Fenster und schaut auf die weiße Landschaft. 'Why not?' fragt er. Mit meiner Antwort habe ich Pech. Als ich ihm sage, dass es draußen zu kalt ist, läuft der Nachbar zum Briefkasten - in kurzen Hosen und T-shirt! 'It's not cold' erwidert der Kleine mit vorwurfsvoller Stimme. Meine Bemerkung 'Im Schnee kann man nicht Fußball spielen' quittiert er mit der Frage 'Why not?' ***seufz*** Was für ein Land, wo die Kinder schon so robust sind! Und weil dieser Hilferuf jetzt viel zu lang wird, ist mir jetzt auch noch das Toast angebrannt und hat den Feuermelder ausgelöst. Unglaublich, wie laut das kleine Ding ist. Und wie komme ich an die Decke, um ihn auszuschalten? 'Put the little chair on the big chair' kommandiert der Kleine. Endlich kann ich meinen Morgenkaffee genießen. Doch da tönt es vom Fenster her: 'Birdies can't eat!' Also werde ich wohl das Futterhaus noch mal füllen müssen :-( Aber jetzt bringe ich erst diesen Hilferuf an euch zu Ende. Dann bin ich halt kein guter Opa. Ist mir so egal! ***doppelschluchz*** Ich will heim. In das Land wo alles grün ist. In das Land, wo alles blüht.

Jorge D.R.

5 Kommentare:

  1. auf alle Fälle bekommst du von uns dann ein ganz herzliches Willkommen, wenn du wieder hier bist, aber-, lieber Jorge (Hilferuf hin, Hilferuf her smile) erst wird diese wunderbare Rolle, nämlich die eines deutschen Opas (wie schön) richtig mit Elan und "ohne Widerworte" zu Ende gebracht im Schnee !!!!! die Gedanken dürfen wandern, in das Land hinein, wo zur Zeit alles blüht und wohin du ja auch wieder zurückkehren wirst ... herzlichen Gruß von der verregneten Nordsee, die stürmisch umtost auch nur 9 Grad zu bieten hat und das Wasser hat 6 Grad !!!! Bis bald !! Ursa

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  2. Bitte nicht jammern; wer gutvorbereitet nach Canada geht, weiss was ihn zu dieser Jahreszeit erwartet. Also bitte kein ***doppelschluchz***...
    Nix für ungut. Weiterhin viel Spaß in diesem wunderbarem Land. Ich wäre jetzt gerne dort....
    ***doppel-doppelschluchz***

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  3. ...und von mir Sachsengrüße zu dir, hier war der Himmel bedeckt, ab und zu schaffte es die Sonne, es kommt mir vor, als wären hier grad die Eisheiligen, doch die sind noch nicht dran;-)

    Ich habe morgen Omi-Tag, lächel...und ich freue mich drauf, nur eben hier nur 60 km entfernt...

    Für dich ein gutes Opadasein, warme Gedanken wird dir der Kleine sicher noch viele machen;-)))

    LG; Rachel

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  4. Deine Verzweiflung kann ich gut nachfühlen, Jorge. Winter im Winter ist ok, aber im Mai hat man definitiv genug davon, und wenn dann an einem dieser Tage sich auch sonst alles gegen einen verschworen hat, kann man schon mal den Mut verlieren.
    Aber, wie ich dich kenne, wirst du Haltung bewahren, dich ins augenblickliche Desaster fügen, dem kleinen Fussballer eine nette Geschichte erzählen und einen Tag später alles nur noch halb so wild empfinden...

    Glück auf und Wärme dazu!!!

    Gruss, Brigitte

    Kleiner Trost: Hier ist es auch grauslig kalt (geschätzte 7 Grad) und regnerisch.

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  5. Eine Kette von Missgeschicken ;-) Dann dürfen wir hier nicht klagen, was das Wetter anbetrifft. Es hat zwar tagelang nur geregnet, aber heute scheint die Sonne wieder und es ist wundervoll frühlingshaft.

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